Vitamine und Sport

 

Die positiven Auswirkungen von Sport sind unbestritten. Gerade der erhöhte Energieverbrauch bei sportlicher Betätigung ist ein erwünschter Effekt, wenn es um Gewichtsreduktion oder Gewichtsstabilisierung geht.

 

Doch diese gesteigerte „Verbrennung“ führt zu einer vermehrten Radikalbildung, insbesondere bei ambitionierten Sportlern. Degenerative Erkrankungen sind die Folge und so mancher Sportler altert schneller als weniger aktive Zeitgenossen.

 

Durch regelmäßiges körperliches Training steigt die Zahl und die Größe der Mitochondrien sowie die aerobe Kapazität und Leistungsfähigkeit von Muskelzellen. Über die Atmungskette bilden zwei bis fünf Prozent des Sauerstoffs im Zµge der oxidativen Phosphorylierung Superoxid- und Hydrogenperoxid Radikale. Auch muskelspezifische Enzyme wie verschiedene Oxidasen (z. B. Xanthinoxidase) produzieren Radikale. Zudem enthält Muskelgewebe viel entzündungsfördernde Arachidonsäure. Durch Peroxidation dieser mehrfach ungesättigten Fettsäure nehmen Membran-Fluidität, Rezeptor-Expression sowie Ionenkanal-Permeabilität der Muskelzelle ab. Derartige radikalinduzierte Membranschäden kann man durch eine erhöhte Serumkonzentration muskelspezifischer Enzyme wie Pyruvatkinase nachweisen. Um diese Radikalflut unschädlich zu machen, brauchen Sportler daher besonders viele Vitamine und Spurenelemente.

 

Die Substitution der Antioxidantien Vitamin E, Vitamin C und Carotinoiden ist deshalb als „Belastungsschutz“ sinnvoll. Selen ist Bestandteil des körpereigenen Schutzsystems Glutathion-Peroxidase und sollte daher in einer Dosis von 100 bis 200 µg zµgeführt werden. Da die durchschnittliche Selen-Aufnahme in Deutschland gerade mal bei 30 µg liegt, sollte der Sportler mindestens 100 µg/d Selen supplementieren.

 

Akute körperliche Belastungen erzeµgen Entzündungsreaktionen. Direkt nach dem Sport sind erhöhte Entzündungsmarker messbar. Bei Extrembelastungen erreichen diese Werte Bereiche, die sonst nur bei akuten bakteriellen Infekten vorliegen. Es werden schon bei der Muskelkontraktion pro-inflammatorische Zytokine freigesetzt. Interleukin-6 ist hier neben dem CRP vorranging. Die Erhöhung dieser Entzündungsparameter (IL-6 oder TNF-alpha) fördert Muskelatrophie und erhöht das Risiko für degenerative Erkrankungen. Daher ist neben einer Vitamin- und Mineralstoffsubstitution auch eine antientzündliche Therapie angezeigt. Bei vermehrter Belastung ist die zusätzliche Einnahme von Omega-3-Fettsäuren sinnvoll, Bromelain und Papain werden ergänzend zum Schutz vor bzw. bei Entzündungsreaktionen eingesetzt.

 

Eisen ist Bestandteil der Katalasen im Zytoplasma und Peroxisomen. Der Eisenbedarf des Sportlers ist etwa 1,3 bis 1,7 mal höher als der der Normalbevölkerung. Eine zusätzliche Eisengabe ist bei entsprechenden Laborbefunden, meist bei Frauen, angezeigt. Dabei ist zu beachten, dass die „Pseudoanämie“ auf einem Verdünnungseffekt beruht, da sich zu Beginn eines Trainingsprogrammes das Plasmavolumen schneller und stärker erhöht als das Erythrozytenvolumen. Eisen sollte nur niedrig dosiert (10 bis 20 mg/dl) gegeben werden, da höhere Eisendosen prooxidativ wirken.

 

Die Vitamine B1, B2, B6, Niacin und Pantothensäure greifen als Coenzyme in den Stoffwechsel der Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße ein. Sie besetzen damit Schlüsselpositionen im Energiestoffwechsel und im Aufbau körpereigenen Substanzen. Deshalb kommt es bei den als Coenzymen am Stoffwechsel beteiligten B-Vitaminen darauf an, einen Mangel zu vermeiden, denn er führt beim Leistungssportler viel schneller zu Leistungseinbußen als beim Nichtsportler. Ziel ist daher eine der Leistung angepasste Energie- und Nährstoffzufuhr.

 

Trotz Substitution mit (billigen) Vitaminen- und Mineralstoffpräparaten zeigen Untersuchungen bei Sportlern eklatante Mängel auf. Der Olympia-Stützpunkt Rhein-Ruhr untersuchte zusammen mit der Fachhochschule Niederrhein das Ernährungsverhalten von 40 Leistungs- und Freizeitsportlern. Dabei erreichte nur ein Sportler bei Vitamin C, Pantothensäure, Biotin und Kalium die Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), weniger als 10 % der Sportler erreichten diese Werte bei Vitamin B1, B2, B6, weniger als die Hälfte der Sportler bei Magnesium, Zink und kein einziger Sportler bei Jod, Vitamin D und Folsäure. Antioxidative Spurenelemente wie Zink und Kupfer, die für die Funktion vieler endogener Enzymsysteme unverzichtbar sind, gehen über den Schweiß verloren. Mit einem Liter Schweiß wird beispielsweise doppelt so viel Kupfer ausgeschieden, wie der Körper pro Tag resorbiert.

 

Die Folge dieser Unterversorgung sind Konzentrationsschwäche, Müdigkeit, schlechte Regeneration, höhere Infektanfälligkeit und Leistungseinbußen. Dabei ist anzumerken, dass aus Sicht der Orthomolekular-Therapie die Referenzwerte der DGE Minimalwerte darstellen und sicherlich nicht dem erhöhten Bedarf eines Sportlers gerecht werden.

 

Bei den Vitaminen B1 und B6 hängt die Zufuhrmenge von der Energie- und Nährstoffaufnahme ab: pro 1000 kcal sollen mindestens 0,5 mg Vitamin B1 und für jedes Gramm Eiweiß mindestens 0,02 mg B6 aufgenommen werden.

 

Die Vitaminoide L-Carnitin und Coenzym Q 10 haben eine Schlüsselrolle im Energiestoffwechsel. L-Carnitin dient als Carrier für langkettige freie Fettsäuren und transportiert diese in die Mitochondrien. Gerade bei Ausdauersportarten mit überwiegender Energiegewinnung über den Fettstoffwechsel kann L-Carnitin die Ausdauerleistung unterstützen. Zudem fördert Carnitin die Regeneration und reduziert die Stärke und Dauer eines Muskelkaters. Coenzym Q 10 ist für die Energiegewinnung (ATP-Synthese) in den Mitochondrien unerlässlich. Es wird eine Substitution von 1 mg je Kilogramm Körpergewicht empfohlen.


Magnesium aktiviert zahlreiche Enzyme des Energie-und Eiweißstoffwechsels und ist daher für den Sportler elementar. Magnesium ist wichtig für die Muskelkontraktion, die Erregungsweiterleitung im Nervensystem, aber auch für die Entspannung der Muskulatur. Eine eiweißreiche Ernährung erhöht ebenso wie viel Alkohol und Stress den Bedarf an Magnesium. Erwachsene sollen täglich 400 mg freies Magnesium aufnehmen, bei Leistungssportlern kann der Bedarf auf das Doppelte steigen. Magnesiumoxid wird vom Körper schlecht aufgenommen. Magnesiumcitrat weist die beste Resorptionsrate auf, gefolgt von Magnesiumcarbonat, welches für konstante Blutspiegel sorgt. Bewährt hat sich daher in der Praxis eine Kombination aus Magnesiumcitrat und Magnesiumcarbonat. Es ist wichtig, dass Magnesium bereits in der Trainings- und Wettkampfvorbereitungsphase eingenommen wird, um entsprechende Speicher anzulegen und die Muskel- und Nervenfunktion und damit den Trainingseffekt zu verbessern. Eine hochdosierte Gabe direkt vor dem oder beim Wettkampf ist wegen der abführenden Wirkung zu vermeiden.

 

Setzte man früher bei den Sportlern vorwiegend auf Kohlenhydrate, so weiß man heute, dass eine Absenkung des Kohlenhydrat-Anteils auf 35 bis 40 En% sich nicht negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirkt. Vielmehr ist eine vernünftige Eiweiß-Substitution zur Unterstützung des Immunsystems besonders wichtig und reduziert zusammen mit einer ausgewogenen Vitamin Supplementierung die Infektanfälligkeit des Leistungssportlers.

 

Durch eine moderate Reduktion der Kohlenhydrate im Austausch gegen Eiweiß werden Muskelaufbau und dadurch Leistungssteigerung gefördert:
1,2 g bis 1,8 g Eiweiß pro kg/Körpergewicht, am besten in Form von leichtverdaulichem Molkenprotein mit höchster biologischer Wertigkeit, decken den gesteigerten Eiweißbedarf und sichern den Trainingserfolg. Die PDCAAS (Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score) ist von der FAO/WHO als bevorzµgte Methode zur Bestimmung der Proteinwertigkeit in der menschlichen Ernährung empfohlen worden. Molkenprotein (whey-protein) hat mit 1,0 den höchsten Score, also die höchste Wertigkeit und „Verdaulichkeit“. Zudem ist Molkenprotein reich an verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAA), welche für den Muskelerhalt bzw. Muskelaufbau besonders wichtig sind.

 

Eine Fettreduktion auf unter 30 En% wirkt sich auf die sportliche Leistung ebenso negativ aus wie ein Energiedefizit. Zudem beeinträchtigt eine ungenügende Fettzufuhr mit zu wenig Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E die Immunfunktion des Sportlers. Bei intensivem Training ist daher neben einer an einfach ungesättigten Fettsäuren reichen Kost (Olivenöl, Rapsöl) auch auf eine ausreichende Zufuhr von essentiellen, langkettigen Omega-3-Fettsäuren zu achten. Insbesondere Kaltwasserfische sind reich an diesen Omega-3-FS und liefern gleichzeitig hochwertiges Eiweiß. Zur Vorbeµgung bzw. Therapie von entzündlichen Prozessen und Reduktion degenerativer Erkrankungen ist eine zusätzliche Supplementierung mit hochwertigen Omega-3-Fettsäuren (Lachsöl Kapseln) sinnvoll.

 

Die bedarfsgerechte Ernährung des Sportlers ist die Grundlage für optimale körperliche Leistungsfähigkeit. Die inzwischen 20-jährige Erfahrung bei der Beratung des Sportlers in der Arztpraxis des Autors zeigt, dass bei Freizeitsportlern, aber auch bei Vereinssportlern und sogar Spitzensportlern gerade die Ernährungstherapie zu kurz kommt und deshalb häufig die positiven Effekte des Sports ausbleiben oder sogar Schäden eintreten.

 

Statt „Sport ist Mord“ sollte das Motto lauten:
Fit durch gesunden Sport, richtige Ernährung und bedarfsgerechte Substitution.